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Ablauf von Krebsclusteruntersuchungen

Anlass: Eine vermutete regionale Häufung

Es kommt immer wieder vor, dass Personen in der Wohnbevölkerung darüber besorgt sind, dass in ihrer räumlichen Umgebung anscheinend übermäßig viele Menschen an Krebs erkranken. In der Regel wird parallel dazu ein Emittent oder eine Umweltnoxe benannt, die für diese anscheinende Erhöhung ursächlich verantwortlich ist.

Krebsclusteruntersuchung

Ergebnisse der Krebsclusteruntersuchung in der Samtgemeinde Bothel

In der zur Samtgemeinde Bothel (LK Rotenburg) gehörigen Gemeinde Hemslingen kam 2013 in der Bevölkerung der Verdacht einer Häufung von Krebserkrankungen auf. Als mögliche Ursache wurde die lokale Kohlenwasserstoffförderung benannt. Lesen Sie hier mehr über die Untersuchungen und ihre Ergebnisse. mehr
Was ist eine Krebsclusteruntersuchung?

Im Verdachtsfall muss in einem mehrstufigen Verfahren untersucht werden, ob es sich um eine Krebshäufung handelt, die über das zu erwartende Maß hinausgeht. Die Verantwortung für dieses Verfahren liegt bei der zuständigen kommunalen Gesundheitsbehörde.

Erhärtet sich der Verdacht auf eine Erhöhung wird untersucht, welche möglichen Ursachen in Frage kommen („Krebsclusteruntersuchung“) . Es gibt allerdings nur sehr wenige Fälle, in denen durch eine Krebsclusteruntersuchung eine eindeutige Ursache für ein Krebscluster gefunden werden konnte. Dies ist überwiegend darauf zurückzuführen, dass zwischen dem „ausgesetzt sein“ gegenüber einem möglicherweise krebserregenden Stoff (Exposition) und der Entwicklung bzw. Diagnose einer Krebserkrankung meist ein langer, mehrjähriger Zeitraum liegt und die Fallzahlen, die sich in der Regel auf sehr kleine Regionen beziehen, meist sehr klein sind.

Dennoch sollte immer versucht werden, bei einem bestätigten Krebsclusterverdacht wahrscheinliche oder auch nur mögliche Ursachen zu ermitteln. Denn neben dem Nachweis oder Hinweis auf beispielsweise eine (ehemalige oder noch wirksame) Umweltgefährdung ist es wichtig entscheiden zu können, ob eine angenommene potentielle Belastung vielleicht gar nicht für die beobachtete Krebshäufung verantwortlich sein kann.


Wie geht man grundsätzlich bei einer Untersuchung einer möglichen im Umweltverdacht stehenden Krebshäufung vor?

Krebsclusteruntersuchungen lassen sich in verschiedene Bearbeitungsphasen unterteilen:

1. Die Verdachtsäußerung

Ausgangspunkt für eine Krebsclusteruntersuchung ist häufig eine Vermutung aus der Bevölkerung, dass in ihrer Nachbarschaft (Wohnsiedlung, Stadtteil) überdurchschnittlich viele Menschen an Krebs erkranken.

Oftmals kann mit allgemeinen Informationen zur Häufigkeit oder Latenzzeiten von Krebserkrankungen oder auch zu den verschiedenen Risiken der unterschiedlichen Krebserkrankungsformen der Verdacht aufgelöst werden. Falls dies nicht möglich ist und sich die Verdachtsäußerung durchaus als plausibel darstellt, wird die eigentliche Untersuchung gestartet, bei der die Unterstützung des NLGA angefragt werden kann:

2a. Orientierende Evaluation - Bestätigung des vermuteten Krebsclusters

Im ersten Schritt werden die dem Verdacht zugrundeliegenden Angaben, evtl. ergänzt aus anderen Quellen, für eine orientierende Berechnung der beobachteten gegenüber der zu erwartenden Krebshäufigkeit herangezogen. Insbesondere kann bei einem plausiblen Verdacht beim EKN Auswertungsmöglichkeiten nachgefragt werden. In diesem Fall würden dann nicht nur Angaben des Anfangsverdachtes herangezogen, sondern bereits validierte Falldaten zum tatsächlichen Krebsgeschehen.

2b. Vertiefende Evaluation - Überprüfung der Falldaten; Analyse möglicher Umweltfaktoren

Falls sich aus den beschriebenen Analysen ein Hinweis auf eine mögliche Krebserhöhung ergibt, werden in der anschließenden Bearbeitungsphase zum einen die bisherigen Falldaten näher überprüft, wie auch die in Verdacht stehenden umweltbezogenen Faktoren vor Ort näher untersucht. Bei dieser Entscheidung für eine vertiefende Clusteruntersuchung sind neben der eher statistischen Relevanz der Fallzahlerhöhung aber auch zusätzlich der wissenschaftliche Kenntnisstand zu den möglichen „in Verdacht stehenden“ Umweltfaktoren zu berücksichtigen. Bei der näheren Untersuchung des möglichen Krebsclusters ist dann die Plausibilität eines Zusammenhanges zwischen den Krebsfällen und den diskutierten Umweltfaktoren näher zu beschreiben und abzuschätzen.

Ergeben sich aus diesen Vor-Ort-Untersuchungen, dass bekannte Krebsrisikofaktoren verstärkt vorliegen, so sind - auch wenn sich eine Häufung von Krebsfällen oder Krankheitssymptomen selbst nicht bestätigt – ohnehin geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die sich nach dem toxikologischem Gefährdungspotential richten.

3. Epidemiologische Forschung - Machbarkeit und Durchführung weiterführender Studien

Erst wenn sich auch nach der genaueren Beschreibung des möglichen Krebsclusters der Verdacht eines Zusammenhanges zwischen Krebserkrankungen und einem bislang unbekannten umweltbezogenen Faktor erhärtet, sollte dem in einer gut geplanten epidemiologischen Studie nachgegangen werden, um diesem potentiellen Krebsrisiko nach zu gehen.


nlga
Schematische Darstellung – Bearbeitungsphasen einer Krebsclusteruntersuchung
Wie kann das NLGA den kommunalen ÖGD unterstützen?

Die Bearbeitung von Anfragen zu Krebsclusteruntersuchungen erfolgt im NLGA weitgehend standardisiert:

Anfragen der kommunalen Gesundheitsbehörden zur Unterstützung bei dem Verdacht einer regionalen Krebshäufung werden zunächst von der Vertrauensstelle des EKN auf ihre Plausibilität geprüft und auf die Möglichkeiten des EKN, hier unterstützende Auswertungen beitragen zu können. Falls die Anfrage bereits einen konkreten Verdacht beinhaltet, dass Umweltfaktoren die mögliche Erhöhung ausgelöst haben könnten, wird der Arbeitsbereich Umweltepidemiologie hinzugezogen.

Der Arbeitsbereich Umweltepidemiologie unterstützt die kommunalen Gesundheitsbehörden bei der Präzisierung der Fragestellung, bei der epidemiologischen Einschätzung, ob und welche umweltbedingten Risikofaktoren bei einer tatsächlichen Erhöhung von Krebserkrankung in Frage kämen, und vor allem bei der Konzeption weiterführender Untersuchungsschritte im Rahmen der vertiefenden Evaluation bei einem bestätigten Krebsclusterverdacht.

Zwei Beispiele für Krebsclusteruntersuchungen in Niedersachsen

Das Beispiel „Petershütte“ illustriert eine „klassische Krebsclusteruntersuchung“, bei der nur partiell auf validierte Falldaten des EKN zurückgegriffen werden konnte, sondern bei der anhand von Befragungen, Falllisten oder Todesbescheinigung bewertet werden musste, ob eine Inzidenzerhöhung vorliegen könnte: Ende 2016 wurde dem Fachbereich Gesundheitsamt für die Stadt und den Landkreis Göttingen von einem ehemaligen Anwohner auf eine mögliche Häufung von Krebserkrankungen in Petershütte hingewiesen. Als mögliche Expositionsquelle wurde ein Fließgewässer angegeben, über den möglicherweise die Bevölkerung gegenüber Stoffen aus der ehemaligen Sprengstofffabrik „Tanne“ exponiert gewesen sein könnten. Wenngleich sich dieser Verdacht einer allgemeinen Erhöhung auf Basis einer Fallliste sowie der archivierten Todesbescheinigungen nicht bestätigte, fiel bei Durchsicht der Todesbescheinigungen mit vier Fällen eine anscheinende Häufung von Glioblastomen auf. Die vertiefende Evaluation führte allerdings nicht zur Identifikation eines möglichen gemeinsamen Risikofaktors. Die Ergebnisse der verschiedenen Untersuchungsschritte wurden 2018 öffentlich vorgestellt.

Ein aktuelles Beispiel, bei der das Krebscluster auf Basis von Daten des EKN belegt wurde, liefert die Untersuchung zur Häufung hämatologischer Krebserkrankungen in der Samtgemeinde Bothel (LK Rotenburg). Hier war es zuvor in 2013 in der Bevölkerung der Verdacht einer Häufung von Krebserkrankungen aufgekommen. Als mögliche Ursache wurde die lokale Kohlenwasserstoffförderung benannt.

Lesen Sie hier mehr über die Untersuchungen und ihre Ergebnisse.
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